Besuch im Niedersächsischen Landtag

Etwas früher als üblich trafen sich insgesamt drei 9. Klassen mit Frau Rothgängel, Frau Eisenlohr und Herrn Gennrich am 13.3. und 18.4. am Hbf. Hildesheim, um jeweils einen lehrreichen Tag im Niedersächsischen Landtag zu verbringen. Der Besuch wurde zuvor im Politik-Wirtschaftsunterricht gründlich vorbereitet.

Nachdem wir um 8:30 Uhr am Landtag angekommen waren und unsere Rucksäcke sowie Kleidung an der Garderobe abgegeben hatten, wurden wir in einen Seminarraum des Landtages geführt, um dort in die Arbeit des Landtages eingeführt zu werden.
Die Einführung erfolgte durch Mitarbeiter des Landtags, unterstützt durch multimediale Präsentationen. Die Schülerinnen und Schüler konnten hier noch letzte Fragen klären und wurden dann mit zuvor im Unterricht erarbeiteten Beobachtungsaufträgen auf die Besuchertribüne geführt.
Dort konnten sie den Mitgliedern des Landtages im wahrsten Sinne des Wortes bei ihrer Arbeit über die Schultern schauen und spannende sowie teilweise heftig geführte Debatten und Diskussionen zu verschiedenen Themen verfolgen:

13.03.
Gesetzesentwurf der AfD-Fraktion zur Reformierung der regionalen Verwaltungen in Niedersachsen: Der Entwurf zielte darauf ab, dass niedersächsische Gemeinden erst ab einer Einwohnerzahl von 30.000 und nicht wie bisher ab 20.000 Bürgerinnen und Bürger eine Gleichstellungsbeauftragte in der Gemeindeverwaltung benötigen und dass diese Stelle künftig auch von Männern besetzt werden könnten. Hier gab es eine hitzige Debatte mit vielen Kurzinterventionen der anderen Fraktionen. Im Endeffekt wurde der Gesetzesentwurf durch den Landtag nicht angenommen.

18.04.
1. Aussprache zur aktuellen Stunde aus Anlass des Brandanschlags auf die Synagoge in Oldenburg: Ausnahmslos alle Fraktionen bekannten nach dem gescheiterten Anschlag auf die Synagoge in Oldenburg am 5. April, dass der Schutz von Jüdinnen und Juden und die Ausübung ihrer Religion in Deutschland oberstes Gebot sei. Die AfD-Fraktion betonte mehrmals in diesem Kontext, ebenso wie der Fraktionslose Jozef Rakicky, dass dies auch für Muslime gelte und sie von in Deutschland lebenden Muslimen ein Bekenntnis zur Glaubensfreiheit und Toleranz gegenüber anderen Religionen erwarten würden. Aus Nah-Ost importierter Antisemitismus sei eine Gefahr für Deutschland.
Die Fraktion Bündnis90/Die Grünen erinnerte die AfD-Fraktion daran, auch in ihren eigenen Reihen Extremismus zu bekämpfen, denn „nie wieder“ sei jetzt. Im Anschluss wurde diskutiert, wie man Antisemitismus in Deutschland begegnen und die Demokratie stärken könne.
2. Dringliche Befragung der Innenministerin Behrens zur aktuellen Situation der Clankriminalität in der Stadt Stade: Die oppositionelle CDU-Fraktion stellte der Landesregierung die dringliche Frage und kam so ihrer oppositionellen Aufgabe der Regierungskontrolle nach, wie die Landesregierung die aus CDU-Sicht eskalierende Clankriminalität in Niedersachsen zu bekämpfen denke. Die Innenministerin Frau Behrens (SPD) beschrieb die bereits ergriffenen Maßnahmen. Sie stellte ihrer Regierung insgesamt ein gutes Zeugnis aus und konstatierte, dass die Clankriminalität in Niedersachsen ernst genommen werde, jedoch nur 1% der Straftaten in Niedersachsen ausmache. Entsprechend könne von einer Eskalation nicht die Rede sein, die Polizei reagiere bereits angemessen und ergreife alle dem Rechtsstaat zur Verfügung stehenden Mittel. Nachdem noch einige Rückfragen aus der CDU-Fraktion sowie der AfD-Fraktion gestellt wurden, die nur zum Teil zur Thematik zu passen schienen, verließen wir den Plenarsaal, um noch in ein Gespräch mit Abgeordneten des Landtages zu kommen.

Dankenswerterweise nahmen sich Abgeordnete aus fast allen Fraktionen (außer der AfD) Zeit, um mit den Schülerinnen und Schülern in ein Gespräch und eine Diskussion über die zuvor im Unterricht erarbeiteten Fragen zu kommen. So konnten die Schülerinnen und Schüler am 18.04. Herrn Nicolas Breer (Bündnis90/die Grünen), Frau Laura Hopmann (CDU) und Herrn Markus Brinkmann (SPD) ihre Fragen stellen sowie mit Frau Britta Kellermann (Bündnis90/die Grünen) am 13.03. diskutieren. Inhaltlich drehten sich die Gespräche um aktuelle politische Themen, wie zum Beispiel, warum sich Niedersachsen bei der Abstimmung im Bundesrat zur Teillegalisierung von Cannabis enthalten hat oder was die größten Herausforderungen in der parlamentarischen Arbeit (mit politischen Gegnern) sind.

Dabei wurde allseits betont, dass die Abgeordneten aller im Landtag vertretenen Fraktionen und Parteien (außer die AfD) ein sehr gutes kollegiales Verhältnis zueinander hätten und die AfD als Gegner im Landtag und der Demokratie wahrgenommen werde. Herr Brinkmann stellte klar, dass er die Abgeordneten der AfD nicht als Kollegen sieht und ihr Auftreten und ihre Politik als destruktiv empfinde. Als größte Herausforderung im Umgang mit der AfD im Parlament sehen Frau Hopmann und Frau Kellermann zum einen die Desinformationskampagnen und zum anderen die gezielte Aufbereitung und Instrumentalisierung der eigenen Redebeiträge im Plenum des Landtags für Social Media. Oft haben beide den Eindruck, als würde nur für TikTok und Co. geredet, statt zur eigentlichen Sache. Herr Breer appellierte an dieser Stelle, sich in einer der demokratischen Parteien zu engagieren, um den Extremisten keinen Raum zu geben und sie effektiv zu bekämpfen.

Nach diesem ereignisreichen Tag endete der Besuch im Landtag und die Schülerinnen und Schüler fuhren mit vielen neuen Eindrücken nach Hause. Diese wurden auf der Zugfahrt untereinander und mit den Lehrkräften erörtert. Im Unterricht wurde und wird der Besuch noch einmal genauer reflektiert. Es war ein lehrreicher und aufschlussreicher Tag, der sicherlich noch lange in Erinnerung bleiben wird.

Wir bedanken uns recht herzlich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Niedersächsischen Landtages sowie den Abgeordneten für diese eindrucksvollen Besuche.

Sebastian Gennrich